Beziehungen: Bin ich von Bindungsangst betroffen?
Menschen, die unter Bindungsangst leiden, zögern, sich auf eine Partnerschaft einzulassen und in tiefere Beziehungen zu investieren. Diese Angst vor emotionaler Nähe stellt oft einen Selbstschutzmechanismus dar, der sich bereits in der Kindheit entwickelt hat und bis ins Erwachsenenalter anhält, insbesondere wenn emotionale Bindungen enger werden könnten.
Menschen mit Bindungsangst scheuen die Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, die in einer funktionierenden Beziehung auftreten.
Dies kann bis zu einer regelrechten Bindungsphobie führen.
Paradoxerweise hegen viele Menschen mit Bindungsangst einen tiefen Wunsch nach einer Beziehung. Dennoch überwiegt ihre Angst davor, verletzt zu werden. Diese Menschen neigen oft zu einem niedrigen Selbstwertgefühl.
Daher ist die Vorstellung, abgelehnt zu werden, für sie besonders beängstigend. Bevor es dazu kommen kann, ziehen sie daher oft den Stecker. Dieser Zyklus wiederholt sich bei Betroffenen in jeder Beziehung und führt zu häufigen Partnerwechseln.
Sechs Anzeichen von Bindungsangst
- Häufiges Hin und Her in Beziehungen.
- Mangel an engen, langjährigen Freundschaften.
- Geringe Bereitschaft zur Kompromissfindung.
- Selten tiefgehender Sex und intime Momente.
- Fehlen gemeinsamer Zukunftspläne.
- Tendenz, den falschen oder nicht verfügbaren Partner auszuwählen.
Mögliche Symptome der Bindungsangst können auftreten, allein beim Gedanken an eine engere Bindung:
- Herzrasen
- Schwitzige Hände
- Trockener Mund
- Beklemmung
- Kurzatmigkeit
Personen mit Bindungsangst werden oft als „beziehungsunfähig“ abgestempelt. Aber keine Sorge, jeder kann eine Beziehung führen, wenn er sich mit den Ursachen für seine Schutzmechanismen auseinandersetzt.
Gründe für Bindungsangst
Die Angst vor Nähe zu anderen Personen hat oft ihre Wurzeln in der Kindheit, beispielsweise aufgrund gestörter oder distanzierter Beziehungen zu den Eltern, dem Verlust geliebter Menschen oder dem Gefühl des Alleingelassenseins oder der Zurückweisung.
Enttäuschungen in früheren Beziehungen können ebenfalls dazu führen, dass Bindungsangst als Schutzmechanismus dient, um weitere Verletzungen zu vermeiden. Minderwertigkeitskomplexe können ebenfalls zu Bindungsangst führen, da die Betroffenen oft nicht glauben, liebenswert zu sein, Angst vor Zurückweisung haben und daher Nähe vermeiden.
Manchmal ist es einfach die Persönlichkeit, die nach Autonomie strebt und sich schwer anpassen kann.
Die ständige Suche nach etwas Besserem hindert viele Singles daran, sich auf eine Beziehung einzulassen.
Es gibt also zahlreiche Gründe, warum Menschen Schutzmechanismen entwickeln und andere auf Distanz halten.
Typischerweise sind On-Off-Beziehungen ein Kennzeichen der Bindungsangst. Bevor die Beziehung zu eng wird, erfolgt die Trennung. Dann die Versöhnung, weil es mit dem Partner irgendwie schöner ist. Doch sobald Zukunftspläne wie Zusammenziehen, Heiraten oder Kinder ins Spiel kommen, taucht erneut die innere Panik auf, die Angst, die Autonomie zu verlieren.
Dieses Hin und Her ist besonders schmerzhaft für den Partner, der gerne eine Bindung eingehen möchte, eine gemeinsame Zukunft plant und dann unerwartet verlassen wird.
Auslöser für Bindungsangst
Jedes Ereignis, das die Verbindlichkeit einer Beziehung unterstreicht, kann zu einem Rückzug oder Abbruch führen. Solche Ereignisse können Hochzeitsvorbereitungen, Familientreffen, Pläne für das Zusammenziehen oder den Wunsch nach Kindern beinhalten. Einige Menschen fühlen sich bereits durch das Händchenhalten in der Öffentlichkeit eingeengt.
Wie kann man Bindungsangst überwinden?
Es gibt viele Singles, die gut alleine zurechtkommen, ihren Alltag nach ihren Wünschen gestalten und zufrieden mit dem Alleinsein sind. Es gibt jedoch auch Menschen, die sich eigentlich einen Partner wünschen, aber immer dann, wenn die Beziehung ernster wird, zurückweichen und in ihr Single-Leben flüchten. Doch Bindungsangst lässt sich überwinden:
1. Akzeptiere deine Ängste
Es ist völlig normal, Bindungsängste zu haben. Daher ist es wichtig, sich selbst gegenüber einzugestehen, dass man diese Ängste vor einer Beziehung und vor emotionaler Nähe hat. Statt vor diesen Ängsten wegzulaufen, sollte man mit dem Partner darüber sprechen. Wenn der Partner von den Ängsten weiß, kann man gemeinsam daran arbeiten.
2. Stärke dein Selbstwertgefühl
Wenn Minderwertigkeitskomplexe dich daran hindern, dich anderen Menschen zu öffnen, sollte das Ziel sein, dein Selbstwertgefühl zu stärken. Suche nach negativen Glaubenssätzen, die dich bereits in der Kindheit geprägt haben, wie „Ich kann das nicht“, „Ich bin nicht gut genug“ oder „Ich bin nicht liebenswert“.
Du bist jetzt erwachsen, und diese Glaubenssätze gelten nicht mehr.
Ersetze sie stattdessen durch positive Überzeugungen wie „Ich kann das“, „Ich bin gut genug“ und „Ich bin liebenswert“. Das erfordert Zeit, aber mit Geduld kannst du deine innere Einstellung zu dir selbst verändern.
3. Finde die richtige Balance
In einer glücklichen Partnerschaft ist eine ausgewogene Balance zwischen Bindung und Autonomie entscheidend.
Der richtige Partner teilt deine Werte, Ansichten und unterstützt deine Stärken, akzeptiert aber auch deine Schwächen.
Gleichzeitig ist die Bereitschaft zu Kompromissen und zur Anpassung an die Bedürfnisse des Partners wichtig. Es gilt, eine Balance zu finden, bei der beide Partner Freiraum haben, aber auch bereit sind, gelegentlich die eigenen Bedürfnisse dem Wohl des anderen unterzuordnen.
4. Hole dir professionelle Hilfe
Da Prägungen aus der Kindheit nicht über Nacht verschwinden, kann die Unterstützung eines Therapeuten sinnvoll sein. Jeder kann das Glück einer Partnerschaft erleben, wenn er erkennt, welche Glaubenssätze er seit seiner Kindheit verinnerlicht hat und wie er sie als Erwachsener ändern kann.
Luca Rohleder, Autor von:
Luca Rohleder
Die Liebe empathischer Menschen
Bessere Beziehungen, mehr Selbstliebe und weniger Liebeskummer für sensible Menschen
ISBN 9783982212081
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