Was man über ein Trauma wissen sollte

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Wenn Psychologen von einem Trauma sprechen, beziehen sie sich meist auf Erfahrungen lebensbedrohlicher Situationen, bei denen das Opfer hilflos ausgeliefert ist. Dennoch können auch frühe Kindheitserfahrungen traumatische Auswirkungen haben, die bis ins Erwachsenenleben reichen.

Der Begriff „Trauma“ wird in der Regel mit Schocktraumata in Verbindung gebracht. Es existieren jedoch verschiedene andere Formen von Traumata, die nicht auf Katastrophen oder Schockmomente zurückzuführen sind.

1. Die wichtigsten Trauma-Formen

a. Entwicklungstrauma

Ein Trauma muss nicht zwangsläufig durch schockierende Ereignisse ausgelöst werden. Selbst alltägliche Erlebnisse können traumatisch sein und das spätere Leben und Verhalten beeinflussen. Viele Menschen leiden unter Traumata, ohne sich dessen bewusst zu sein, da sie keine der sogenannten „traumatischen Ereignisse“ erlebt haben.

Ein chirurgischer Eingriff kann beispielsweise traumatisch für den Körper sein, ohne dass die Operation als Ursache erkannt wird. Die Kindheitserfahrungen und die Beziehung zu den Eltern können zu einem Trauma führen, auch wenn es keine Schlüsselsituation gab. Diese Form des Traumas wird als Entwicklungstrauma bezeichnet und ist selbst unter Psychotherapeuten ein vergleichsweise neues Forschungsfeld.

b. Schocktrauma

Hierbei hat ein einschneidendes Ereignis nachhaltige Auswirkungen auf den emotionalen Zustand der betroffenen Person. Beispiele dafür sind Unfälle, Todesfälle, Trennungen, Abtreibungen oder erlebte Gewalt. Schockierende Hilflosigkeit und Überforderung in dieser Situation führen zur Traumatisierung.

c. Sekundärtrauma

Dieses Trauma betrifft Menschen, die Zeugen eines schockierenden Ereignisses wurden, wie Ersthelfer an einem Unfallort, Notärzte, Feuerwehrleute oder Beobachter eines Unfalls oder einer Gewalttat.

Ob dies zu einer Traumatisierung führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:

  • Einbindung in eine Gemeinschaft und soziales Netzwerk.
  • Persönliche psychische Widerstandsfähigkeit, auch als Resilienz bekannt.
  • Fähigkeit zur Selbstregulation.
  • Glaube an die Sinnhaftigkeit des Lebens.
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2. Was ist Selbstregulation?

Menschen mit einer ausgeprägten Selbstregulation fühlen sich in der Regel wohl in ihrer Haut und haben das Gefühl, ihr Leben unter Kontrolle zu haben. Im Gegensatz dazu fühlen sich Menschen mit schlechter Selbstregulation, als ob ihr Leben von äußeren Umständen gesteuert wird und sie wenig Einfluss darauf haben. Sie leben gewissermaßen in einem Modus, aus dem sie schwer ausbrechen können.

Selbstregulation bezeichnet die Fähigkeit, sich selbst so zu steuern, dass man sich wohlfühlt. Wenn unser Inneres im Gleichgewicht ist, geht es uns gut. Wir können mit verschiedenen Erfahrungen und Emotionen umgehen, selbst wenn es sich um negative Erlebnisse handelt.

Störungen dieses Gleichgewichts können zu Symptomen und körperlichen Funktionsstörungen führen, wie Schlafstörungen, Magen-Darm-Problemen, Konzentrationsproblemen, Angststörungen oder Schmerzen. Die Fähigkeit zur Selbstregulation entwickelt sich bereits in den ersten drei Lebensjahren und kann die Grundlage für ein Entwicklungstrauma sein.

Jeder Mensch hat eine individuelle Selbstregulationsfähigkeit. Einige geraten bereits bei kleinen Stressoren aus dem Gleichgewicht, während andere widerstandsfähiger sind und besser mit traumatischen Erlebnissen umgehen können.

3. Die wichtigsten Trauma-Symptome

Die am häufigsten bekannte Form von Trauma, wie die meisten Menschen es sich vorstellen, ist das Schocktrauma, das durch ein erschütterndes Ereignis ausgelöst wird. Kurz nach dem Ereignis reagieren die meisten Menschen mit einer sogenannten akuten Belastungsreaktion. Diese Symptome sind vielfältig und wechseln ab:

  • Soziale Isolation
  • Starkes Herzklopfen
  • Übelkeit
  • Gedächtnislücken
  • Taubheitsgefühl
  • Unruhe
  • Reizbarkeit
  • Übermäßiges Schwitzen

Die akute Belastungsreaktion klingt normalerweise innerhalb von Stunden oder Tagen ab und dauert in der Regel nicht länger als einen Monat. Wenn jedoch keine angemessene Behandlung erfolgt, kann sie in eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) übergehen.

Typische Symptome der PTBS sind:

  • Schlafprobleme
  • Schreckhaftigkeit
  • Depressionen
  • Wiedererleben des Traumas in Form von Flashbacks tagsüber und nachts
  • Vermeidung von Situationen, die Erinnerungen an das Trauma auslösen könnten
  • Reizbarkeit
  • Konzentrationsstörungen

4. Typische Verhaltensweisen von traumatisierten Menschen

Menschen, die traumatisiert sind, können normalerweise nicht über das Ereignis sprechen oder es in allen Einzelheiten erzählen. Sie werden von intensiven Emotionen überwältigt, die sie förmlich erstarren lassen. Wenn sie dennoch versuchen, ihre Erfahrungen zu teilen, geschieht dies oft mit einer monotonen und ausdruckslosen Stimme, da sie versuchen, sich von den Emotionen in der erlebten Situation zu distanzieren. Sie können in unangemessenen Momenten lachen oder die Geschichte in einem unpassenden Kontext erzählen.

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5. Wann ist eine Therapie erforderlich?

Ob eine Trauma-Therapie notwendig ist, hängt vom individuellen Leidensdruck ab. Ein Entwicklungstrauma kann von vielen Menschen bewältigt werden, wenn sie gut mit ihrem Leben zurechtkommen und sich damit arrangieren können.

Ein Schocktrauma kann jedoch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, insbesondere wenn es zu Depressionen, zusätzlichen Ängsten oder Panikattacken führt. In solchen Fällen ist eine Therapie bei einem auf Traumatherapie spezialisierten Therapeuten dringend zu empfehlen.

Luca Rohleder, Autor des Romans DIE SUCHE NACH SINN

QUELLENANGABEN:

  • „Trauma und Persönlichkeitsstörungen: Ressourcenbasierte Psychodynamische Therapie (RPT) traumabedingter Persönlichkeitsstörungen,“ Wolfgang Wöller, Luise Reddemann, Verlag Schattauer
  • „Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1“, Michaela Huber, Verlag Junfermann
  • „Systemische Traumaberatung“, Roman Hoch, Beltz Verlag

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